Kommentar: Der schwarze Sheriff

Für ein Abschlussexamen als Student der Verwaltungswissenschaften hat es offensichtlich nicht gereicht.

Für ein Abschlussexamen als Student der Verwaltungswissenschaften hat es offensichtlich nicht gereicht. Doch seinen Kreuzzug gegen den Diesel reizt er ohne Rücksicht auf Arbeitsplätze, Konjunktur und die Notwendigkeit der Weiterentwicklung einer unverzichtbaren Technologie drakonisch aus. Im Vergleich zu Jürgen Resch, Geschäftsführer der sogenannten Deutschen Umwelthilfe (DUH) erscheint Michael Kohlhaas aus Heinrich von Kleists gleichnamiger Novelle wie ein friedfertiger Untertan. Bekanntlich hieß dessen Devise: "Es soll Gerechtigkeit geschehen, und gehe auch die Welt daran zugrunde."

Doch Jürgen Reschs totaler Krieg gegen den Selbstzünder mit Gerichtsverfahren und zweifelhaften Argumenten hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun, wenn auch für seinen Verein zur Zeit rund 350 zivilrechtliche Klagen sowie eine Reihe von verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzungen mit Institutionen, Städten und Bundesländern anhängig sind. Hauptsache Krawall, unerwünschte Nebenwirkungen egal. Sein rastloser Eifer fußt einerseits auf der Möglichkeit, durch diese Prozesse und Abmahnverfahren Geld für die DUH einzustreichen, andererseits auf seiner Erkenntnis, dass die Menschen umso leichter einer Ideologie Glauben schenken, wenn man sie möglichst intensiv in Angst und Schrecken versetzt.

Dafür sind wir Deutschen nämlich besonders empfänglich. Gerd Gigerenzer, deutscher Psychologe und Direktor des Harding-Zentrums für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, sagt: "Manche dieser Ängste sind nahe am Verfolgungswahn." In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) gab er zu Protokoll: "Was wir brauchen, ist mehr Risikokompetenz: Was ist der Grund für die Angst, die man mir einreden möchte? Und wer hat ein Interesse, sie zu schüren?"

Jürgen Resch und seine DUH haben daran Interesse und eine Marktlücke gefunden, indem sie den Menschen vor Allem und jedem Angst machen. Leider fallen wenig informierte Leute und auch manche Gerichte darauf herein und prognostizieren den nahenden Weltuntergang. Reschs Erfolgsrezept: Ein Problem emotionalisieren, einen Schuldigen finden und eine Lösung benennen. Die Kollateralschäden der Lösung müssen andere reparieren.

Jetzt gab er dem Magazin stern zu seinem Kampf gegen den Selbstzünder ein Interview. Darin wiederholt er nicht nur seine längst bekannten Argumente, die größtenteils auf tönernen Füßen stehen. Er warf mit Anschuldigungen gegenüber der Automobilindustrie um sich, die Beleidigungen und bösartige Unterstellungen enthalten. Beispiel: Deutschlands Autokonzerne bezeichnete er als "seit 20 Jahren betrügerisch operierend" und meinte: "Wir erheben gegen die Konzernchefs den Vorwurf der schweren Körperverletzung mit Todesfolge." Jahrelang habe die Industrie "minderwertige Technik ... gebaut und verkauft".

Hieb- und stichfeste Quellen für seine verbale Inkontinenz ("jedes Jahr tausende Toten und hunderttausende Erkrankungen" durch Stickstoffdioxid), vermag Resch nicht zu nennen. Stets bezieht er sich auf Schätzungen und Hochrechnungen. Dabei konzentriert er sich nur auf Felder, die in seine Öko-Ideologie passen. Wie ein Mitglied der berüchtigten Schwarzen Sheriffs, die als eine Art privater Polizei bis 2015 bisweilen harmlose Münchner Bürger drangsalierten, schlägt er um sich. "Wir brauchen keine Beschützer, die uns gegenüber den wilden Mann spielen", meinte kürzlich die Süddeutsche Zeitung aufgrund der ihrer Meinung nach "rabaukenhaften Auswüchse" der Untergrund-Bewacher von der DUH.

Dabei gäbe es für die Dieselhasser auf anderen Gebieten noch viel zu tun. Laut AOK kosten ärztliche Kunstfehler im Krankenhaus jährlich rund 19 000 Menschenleben. Dagegen etwas zu unternehmen, passt aber nicht in Reschs Ideologie. Und auch nicht, was Risikoforscher Gerd Gigerenzer zur Dieselproblematik meint: "Ich finde die vergleichende Frage am nützlichsten: Wie viel Feinstaub verursacht der Diesel im Vergleich zu anderen Dingen, die man täglich benutzt? Eine Stunde Kaminfeuer entspricht etwa 100 Kilometern Autofahrt. Drei Zigaretten verursachen zehnmal so viel Feinstaub wie ein alter Euro-3-Diesel in einer halben Stunde. Das können wir messen, ohne über die Zahl der Toten zu spekulieren." (ampnet/hrr)