Koalitionsausschuss sucht Lösungen im Streit um schnellere Planungsverfahren

Autobahn in Deutschland Bild: AFP

Koalitionsausschuss sucht Lösungen im Streit um schnellere Planungsverfahren

Im Streit um beschleunigte Planungsverfahren und verfehlte Klimaziele im Verkehrssektor trifft sich am späten Donnerstagnachmittag der Koalitionsausschuss. Kompromisslinien waren im Vorfeld nicht zu erkennen. Grüne und FDP beharrten auf gegensätzlichen Positionen. 

Im Streit um beschleunigte Planungsverfahren und verfehlte Klimaziele im Verkehrssektor trifft sich am späten Donnerstagnachmittag gegen 17.00 Uhr der Koalitionsausschuss. Kompromisslinien waren im Vorfeld nicht zu erkennen. Grüne und FDP beharrten auf gegensätzlichen Positionen. 

Im Koalitionsausschuss kommen die Spitzen der Parteien und Fraktionen unter Leitung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zusammen; am Donnerstag sind zudem Finanzminister Christian Lindner (FDP), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) und als Fachminister Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) dabei. 

Wissing steht unter besonderem Druck: Das Klimaschutzsofortprogramm der Regierung liege vor und enthalte Maßnahmen für alle Ressorts, "denn alle müssen ihren Beitrag leisten", sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang der "Süddeutschen Zeitung". "Nur im Verkehrssektor klafft eine riesige Lücke." Sie forderte hier "dringend einen Plan, wie der Verkehr die Klimaziele erreicht". 

Lang kritisierte Wissings Forderung nach einer Beschleunigung von Autobahnneubauten. Das sei eine "weitere klimaschädliche Maßnahme". 

Wissing beharrte auf seiner Position: Sollte der Neu- und Ausbau von Straßen zum "überragenden öffentlichen Interesse" erklärt werden, führe das nicht zu mehr Straßenbau, sondern nur zu schnellerem, argumentierte er in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv. "Und es ist für die Umwelt ja egal, ob eine Straße langsam gebaut wird oder ob sie zügig gebaut wird." Nötig sei etwa ein Ausbau der transeuropäischen Netze oder eine Anbindung der Ukraine, wenn sie sich nach Westen orientieren solle. 

Zehnmal so viele Güter würden über die Straße wie über die Schiene transportiert, sagte Wissing weiter. "Wer also keine Straßen mehr möchte, der möchte Rückbau unserer Industriegesellschaft."

Das Thema Straßenausbau sorgt seit Wochen für Streit in der Ampel-Koalition. Wissing hat vorgeschlagen, neue Fernstraßen ähnlich schnell zu planen und zu genehmigen wie etwa neue Schienenprojekte. Die Grünen warfen ihm vor, gegen den Koalitionsvertrag zu verstoßen. Insbesondere das Umweltministerium von Steffi Lemke (Grüne) lehnte Wissings Referentenentwurf ab. Treffen zur Streitschlichtung bei Kanzler Scholz brachten kein Ergebnis.

Der Verkehrsminister wandte sich am Donnerstag auch entschieden gegen die von Lemke geforderte Abschaffung von Biosprit bis 2030. "Wenn man jetzt auf den Biosprit verzichtet, dann muss man die Frage beantworten, wie schaffen wir dann die Klimaschutzziele im Verkehr", sagte er RTL und ntv. Das sei heute schon schwer genug. "Wir können jetzt keine Vorschläge gebrauchen, mit denen wir das noch schwerer machen." 

Auf Zustimmung dürfte Wissing hingegen mit seiner Forderung nach "deutlich mehr" Geld für die Schiene stoßen. Wissing sprach bei RTL und ntv von "einigen" Milliarden Euro. Ob es auch dazu eine Lösung im Koalitionsausschuss geben werde, könne er nicht einschätzen.

Die Denkfabrik Agora Verkehrswende schlug vor, die Koalition solle zunächst die Vorhaben im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) bis 2030 überprüfen und dann mit einer neuen Planung für eine schnelle Umsetzung sorgen. Der aktuelle BVWP mit einem Gesamtvolumen von 270 Milliarden Euro sei nicht mehr zeitgemäß, "es wäre nicht angemessen, die Planung der Verkehrsinfrastruktur auf dieser Grundlage zu beschleunigen", erklärte Urs Maier von Agora Verkehrswende.  

"Allen voran fehlt eine an politischen Zielen orientierte Strategie für die Entwicklung der Verkehrsnetze in Deutschland." Die Prognose für das Jahr 2030 schreibe bestehende Trends fort und gehe von einem immer weiter steigenden Verkehrswachstum aus. Die negative CO2-Bilanz von Straßenprojekten werde in Kauf genommen; die Schiene komme im Vergleich zur Straße immer noch zu kurz.

Der Bundesverband der Industrie drängte, die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren müsse auf Industrieanlagen ausgeweitet werden. "Keine weitere Zeit darf verloren gehen".