Gedenken an die Anschlagsopfer in Ost-Jerusalem Bild: AFP
Israel kündigt nach Anschlägen Maßnahmen gegen "Familien von Terroristen" an
AFP29. Januar 2023, 19:05 UhrBRENNPUNKTE
Nach zwei palästinensischen Anschlägen in Ost-Jerusalem will die israelische Regierung künftig härter gegen Angehörige von Attentätern vorgehen. Die Minister einigten sich zudem auf einen leichteren Zugang zu Waffen für Zivilisten.
Nach zwei palästinensischen Anschlägen in Ost-Jerusalem will die israelische Regierung künftig härter gegen Angehörige von Attentätern vorgehen. Das Sicherheitskabinett kündigte in der Nacht zu Sonntag an, "Familien von Terroristen, die Terrorismus unterstützen", die Sozialhilfe zu streichen. Auch werde die Regierung über einen Gesetzentwurf beraten, wonach Angehörigen ihre israelischen Ausweise entzogen werden können. Die Minister einigten sich zudem auf einen leichteren Zugang zu Waffen für Zivilisten.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte eine "starke" und "schnelle" Antwort auf die Anschläge in Ost-Jerusalem angekündigt, bei denen sieben Menschen getötet und insgesamt fünf verletzt worden waren.
Bereits am Sonntag versiegelte israelisches Militär das Haus der Familie des Attentäters, der am Freitagabend vor einer Synagoge sieben Menschen erschossen und mindestens drei verletzt hatte, wie ein AFP-Reporter berichtete. Die Regierung hatte zuvor mitgeteilt, das Haus werde vor seinem Abriss "unverzüglich versiegelt". Der Attentäter, ein 21-jähriger Palästinenser aus Ost-Jerusalem, war von der Polizei nach einer Verfolgungsjagd getötet worden.
Die Mutter des 21-Jährigen war nach dem Anschlag neben 41 weiteren Menschen zur Befragung festgenommen worden. Sie und vier weitere Festgenommene blieben am Sonntag nach Polizeiangaben weiter in Gewahrsam.
Am Samstagmorgen hatte zudem ein 13-jähriger Palästinenser das Feuer im Viertel Silwan in Ost-Jerusalem nahe der Altstadt eröffnet und zwei Israelis schwer verletzt. Der Junge wurde laut Polizei von Passanten überwältigt und dabei verletzt.
Am Sonntag kündigte die Regierung an, das Zuhause des 13-Jährigen ebenfalls zu versiegeln - auch wenn es bei dem Angriff nicht zu Todesopfern kam. Bisher hat Israel nur die Häuser von Palästinensern zerstört, die Israelis getötet hatten, außerdem muss den Familien eine Vorankündigung gegeben werden sowie die Möglichkeit, in Berufung zu gehen.
Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums erschossen Vertreter eines zivilen israelischen Sicherheitsdiensts am Sonntag in der Nähe einer jüdischen Siedlung im von Israel besetzten Westjordanland einen Palästinenser. Nach Angaben des israelischen Militärs war der 18-Jährige mit einer Pistole bewaffnet.
Im Dorf Turmus Ajja im Westjordanland wurden in der Nacht zu Sonntag ein palästinensisches Haus und ein Auto angezündet. Ein israelischer Sicherheitsbeamter sagte AFP, dass extremistische Israelis der Tat verdächtigt wurden. Die amtliche palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete, dass 120 Autos von Steinwürfen getroffen worden seien, für die israelische Siedler verantwortlich gemacht wurden. 22 Geschäfte in der Gegend von Nablus wurden demnach angegriffen.
Die Palästinensische Autonomiebehörde machte Israel für die neu aufgeflammte Gewalt in Nahost verantwortlich. Israel trage die "volle Verantwortung für die gefährliche Eskalation", erklärte die Behörde.
Einen Tag vor dem Anschlag vor der Synagoge waren bei einer Razzia der israelischen Armee im palästinensischen Flüchtlingslager Dschenin im Norden des besetzten Westjordanlands neun Palästinenser getötet worden.
Der Angriff vor der Synagoge in Ost-Jerusalem am Holocaust-Gedenktag hatte international Bestürzung ausgelöst. Die EU und zahlreiche Staaten verurteilten den Anschlag, darunter die USA, Frankreich, Großbritannien, Russland, die Türkei sowie die arabischen Staaten Jordanien, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich angesichts "der schrecklichen Attentate in Jerusalem" im Onlinedienst Twitter "zutiefst erschüttert".
Wie zuvor bereits eine Reihe westlicher Politiker mahnte Papst Franziskus am Sonntag ein Ende der sich immer schneller drehenden "Todesspirale" im Nahen Osten an. Er appellierte an beide Konfliktparteien, sich für "aufrichtige Bemühungen um Frieden" miteinander einzusetzen. US-Außenminister Anthony Blinken will sich am Montag und Dienstag in Jerusalem und Ramallah um Deeskalation bemühen.