US-Außenminister Blinken in Tel Aviv gelandet Bild: AFP
Blinken ruft bei Ankunft in Israel zur Deeskalation auf
AFP30. Januar 2023, 15:10 UhrBRENNPUNKTE
US-Außenminister Antony Blinken hat zum Auftakt eines Israel-Besuchs an Israelis und Palästinenser appelliert, nach der jüngsten Gewalteskalation auf eine Entschärfung des Konflikts hinzuwirken.
US-Außenminister Antony Blinken hat zum Auftakt eines Israel-Besuchs an Israelis und Palästinenser appelliert, nach der jüngsten Gewalteskalation auf eine Entschärfung des Konflikts hinzuwirken. Blinken wird am Montag in Jerusalem den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und am Dienstag in Ramallah Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu Gesprächen treffen. Durch die in den vergangenen Tagen eskalierte Gewalt erhielt Blinkens seit langem geplante Reise verschärfte Dringlichkeit.
Bei seiner Ankunft am Flughafen von Tel Aviv verurteilte Blinken all jene, welche die Gewalt in Jerusalem und "alle anderen Terrorakte, die unschuldige Menschenleben kosten", zelebrierten.
"Es liegt in der Verantwortung eines jeden, Maßnahmen zu ergreifen, um die Spannungen zu beruhigen, anstatt sie zu schüren", sagte der US-Chefdiplomat. Dies sei der einzige Weg, die wachsende Welle der Gewalt zu stoppen, "der schon zu viele Menschenleben zum Opfer gefallen sind - zu viele Israelis und zu viele Palästinenser."
Bereits zuvor hatte Blinken bei einem Besuch in Ägypten "alle Parteien" aufgefordert, "die Lage zu beruhigen und die Spannungen zu deeskalieren". Ägypten ist ein wichtiger Vermittler im Nahost-Konflikt. Blinken traf mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi und Außenminister Sameh Schukri zusammen, bevor er nach Israel weiterreiste.
Am Freitag hatte ein bewaffneter Palästinenser vor einer Synagoge in Ostjerusalem sieben Menschen getötet, am Samstag folgte ein weiterer Anschlag, bei dem ein 13-jähriger Palästinenser Ost-Jerusalem zwei zwei Israelis schwer verletzte. Zuvor waren am Donnerstag bei einer Razzia in einem Flüchtlingslager im Westjordanland zehn Palästinenser von israelischen Soldaten getötet worden.
An diesem Montag töteten israelische Truppen im besetzten Westjordanland einen palästinensischen Autofahrer, wie Vertreter beider Seiten mitteilten. Nach Angaben der israelischen Armee hatte das Auto zuvor einen Soldaten angefahren. Der 26-Jährige starb an "einer Schusswunde am Kopf", die ihm die Besatzungssoldaten "heute Morgen in Hebron" zugefügt hätten, erklärte das palästinensische Gesundheitsministerium.
Damit stieg die Zahl der in diesem Monat im Westjordanland und in Ostjerusalem getöteten Palästinenser - darunter Kämpfer, Zivilisten und mehrere Kinder - auf 35, wie aus einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP hervorgeht.
Zur Deeskalation im israelisch-palästinensischen Konflikt riefen auch der französische Präsident Emmanuel Macron und der russische Außenminister Sergej Lawrow auf. In einem Telefonat mit Netanjahu warnte Macron vor einer "Spirale der Gewalt", wie der Elysée-Palast am Sonntag mitteilte. Macron verurteilte demnach den "abscheulichen Anschlag" vor der Synagoge in Ost-Jerusalem und sagte Israel die "uneingeschränkte Solidarität Frankreichs im Kampf gegen den Terrorismus" zu.
Lawrow appellierte an Israelis und Palästinenser, ein "Höchstmaß an Verantwortung" zu zeigen und eine erneute Verschlechterung der Situation zu verhindern.
Blinkens Nahost-Besuch ist auch Ausdruck der Bemühungen der Regierung von Präsident Joe Biden um eine rasche Entspannung der Beziehungen zu Netanjahu, welcher im Dezember nach anderthalb Jahren an die Regierungsspitze zurückgekehrt war. In der Amtszeit des früheren US-Präsidenten Barack Obama, dem Biden als Vizepräsident gedient hatte, war das Verhältnis zu Netanjahu stark angespannt gewesen.
Es wurde erwartet, dass Blinken während seines Besuchs die Unterstützung der USA für die Zwei-Staaten-Lösung und damit einen eigenen palästinensischen Staat bekräftigt. Allerdings gilt als unwahrscheinlich, dass die Umsetzung dieses Modells unter der neuen Regierung Netanjahu - der am weitesten rechts stehenden Regierung Israels bisher - vorangetrieben wird.
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