Frankreich zieht aus dem Niger ab - mit möglichen Auswirkungen auf Bundeswehr
AFP25. September 2023, 16:54 UhrBRENNPUNKTE
Nach dem Abzug französischer Soldaten aus Mali und Burkina Faso ist nun auch der vollständige Rückzug der französischen Streitkräfte aus dem Niger beschlossen. 'Wir beenden die militärische Zusammenarbeit', sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
Nach Mali und Burkina Faso ist nun auch der vollständige Rückzug der französischen Streitkräfte aus dem Niger bis Ende des Jahres beschlossen. "Wir beenden die militärische Zusammenarbeit mit den nigrischen Machthabern, weil sie nicht mehr den Terrorismus bekämpfen wollen", sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Sonntagabend. Dies könnte auch Auswirkungen auf die Präsenz der Bundeswehr und der US-Streitkräfte in der Region haben.
"Wir haben die Sicherheit im Auge, aber es gibt aktuell keinen Handlungsbedarf", sagte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Montag in Riga. "Es ist nicht der Zeitpunkt für übereilte Reaktionen", fügte er hinzu. In der vergangenen Woche hatte er gesagt, dass ein Rückzug der Franzosen die Frage nach einem Rückzug der Bundeswehr akut werden lasse.
In der nigrischen Hauptstadt sind noch etwa 1500 französische, 1100 US- und 100 deutsche Soldatinnen und Soldaten stationiert. Der Lufttransportstützpunkt in Niamey, wo die Bundeswehr und die meisten französischen Einheiten ihre Basis haben, sollte beim Abzug der Soldaten aus dem benachbarten Mali eine wichtige Rolle spielen.
Die Bundeswehr nutze nun aber auch Flüge aus Malis Hauptstadt Bamako oder Senegals Hauptstadt Dakar, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Der Zeitplan für einen Abzug aus Mali bis Ende des Jahres könne eingehalten werden.
Die USA trafen zunächst keine Entscheidung über den Verbleib ihrer Soldaten. "Wir geben der Diplomatie eine Chance, prüfen aber zugleich alle Maßnahmen, um unsere diplomatischen und sicherheitspolitischen Ziele zu erreichen", sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin.
Niger galt bis zum Putsch vor zwei Monaten als einer der letzten Verbündeten der westlichen Länder im Kampf gegen die Dschihadisten in der Sahelzone. Die neuen Machthaber hatten Frankreich jedoch zum Abzug seiner Streitkräfte gedrängt. Zuletzt war der französische Botschafter faktisch festgesetzt worden, es kam immer wieder zu antifranzösischen Demonstrationen im Land.
Macron gab dem Druck nun nach und kündigte den Abzug des Botschafters und der französischen Truppen an. Frankreich werde dies "mit den Putschisten" absprechen, sagte Macron. "Wir wollen, dass dies friedlich abläuft", betonte er.
Die nigrische Militärführung zeigte sich erfreut. "Diesen Sonntag feiern wir einen neuen Schritt in Richtung Souveränität Nigers", hieß es in einer im Fernsehen verlesenen Erklärung. Es sei "ein historischer Moment, der von der Entschlossenheit und dem Willen des nigrischen Volkes zeugt".
Macron bemühte sich, den vor zehn Jahren begonnenen Einsatz des französischen Militärs in der Region dennoch als Erfolg zu interpretieren. "Ansonsten wären die meisten dieser Länder bereits von territorialen Kalifaten und Dschihadisten eingenommen worden", meinte er.
"Ich mache mir große Sorgen um die Region", betonte Macron. Im benachbarten Mali kämen fast täglich Dutzende Menschen bei Anschlägen ums Leben. "Frankreich hat - teils alleine - Verantwortung übernommen (...), aber wir sind nicht verantwortlich für die Politik in diesen Ländern und ziehen nun unsere Konsequenzen", erklärte er.
Der Niger hatte dem französischen Botschafter Sylvain Itté die diplomatische Immunität entzogen und mit der Ausweisung gedroht. Der Diplomat konnte die Botschaft nicht mehr verlassen, die Lebensmittel- und Wasservorräte gingen zuneige. "Wir sind nicht dafür da, Geiseln der Putschisten zu sein", sagte Macron, der bekräftigte, dass Frankreich den gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum weiter als rechtmäßigen Machthaber ansehe.
Die nigrischen Machthaber hatten am Sonntag zudem den Luftraum für französische Flugzeuge gesperrt. Zunächst war unbekannt, wie und wann der französische Botschafter das Land verlassen würde.
Nigrische Militärs hatten Bazoum Ende Juli gestürzt und die Verteidigungsabkommen mit Frankreich gekündigt. Danach stellten die französischen Soldaten ihre Unterstützung der nigrischen Streitkräfte ein.
Frankreich ist seit zehn Jahren in der Sahelzone militärisch präsent. Nach dem Abzug aus dem Niger bleiben lediglich etwa 1000 französische Soldatinnen und Soldaten im Tschad.