Nach Schwangerschaft stuhlinkontinent

Mit 23 Jahren wurde eine junge lebenslustige Mutter stuhlinkontinent.

Mit 23 Jahren wurde eine junge lebenslustige Mutter stuhlinkontinent. Eine Komplikation während der Schwangerschaft war die Ursache dafür. Dass sie jetzt wieder ein normales Leben führen kann, verdankt sie einem Darmschrittmacher. Es begann mit der Geburt ihres Sohnes im Jahr 2009: Das Kind blieb im Geburtskanal stecken. "Ich hatte einen Dammriss dritten Grades und mein Schließmuskel war größtenteils zerstört", erzählt die Patientin. "Immer, wenn ich zur Toilette musste, blutete es - die Naht riss immer wieder auf", erinnert sie sich. Ein Jahr später konnte sie Blähungen nicht mehr halten und hatte bereits fünf bis acht Stuhlgänge täglich. "Nach und nach verkroch ich mich zu Hause, ich ging weder mit meinem Sohn auf den Spielplatz, noch fuhr ich mit meinem Mann irgendwo hin - ich war nur noch dort, wo eine Toilette in erreichbarer Nähe war", beschreibt sie das folgende Jahr. Eine Sonografie bestätigt schließlich, dass der Schließmuskel von Bianca W. zerstört war. Arztbesuche, Beckenbodentraining, Biofeedback und spezielle Diäten - nichts half. Der Proktologe Dr. Michael Roblick am End- und Dickdarmzentrum Hannover, empfahl der verzweifelten Patientin schließlich, sich einen "Darmschrittmacher" implantieren zu lassen. "Die Implantation eines solchen Gerätes erfolgt in zwei Phasen. Die feinen Drähte, die sanfte Stromimpulse an das Nervengeflecht des Beckenbodens abgeben, werden implantiert und daran in der Testphase ein äußeres Bediengerät angebracht. Nach fünf bis zehn Tagen, in denen der Patient ein Stuhltagebuch führen muss, wird dann bewertet, ob es eine Verbesserung gibt", erklärt Roblick. Ist dies so, kann der Stimulator im Analbereich in eine Hauttasche implantiert werden, so dass äußerlich nichts erkennbar ist. Per Fernbedienung kann Bianca W. das Gerät ausstellen und zur Toilette gehen. Die Stärke der Stimulation stellt sie selbst ein. Ist ein Gang zur Toilette notwendig, schaltet sie das Gerät aus. "Ich arbeite wieder, ich gehe wieder in Ruhe einkaufen, ich kann wieder Ausflüge mit meiner Familie machen - dafür bin ich unendlich dankbar", sagt Bianca Westphal heute.

Schätzungsweise jeder zwanzigste Deutsche ist stuhlinkontinent. Frauen sind häufiger als Männer betroffen; ältere Menschen öfter als jüngere. Frauen sind nach einer Geburt vor allem dann betroffen, wenn ein Dammschnitt oder eine Geburt mit Saugglocke oder Zange notwendig war. Die Stuhlinkontinenz zeigt sich oftmals erst Jahre nach einer Geburt. Meist beginnt die Erkrankung mit einer leichten Blasenschwäche, der sogenannten Belastungsinkontinenz. Betroffene verlieren einige Tropfen Urin beim Husten oder Niesen. Dann besteht bereits eine Schwäche im Beckenbodenbereich. Schreitet die Inkontinenz weiter voran, kann eine Stuhlinkontinenz in späteren Jahren folgen.