Frühgeborene: Geschwisterkinder kommen oft zu kurz

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Durch eine Frühgeburt gerät häufig das gesamte Familiengefüge leicht aus dem Lot. Geschwisterkinder kommen dann nicht selten zu kurz. Wenn ein Frühgeborenes anfangs intensivmedizinisch behandelt werden muss, fühlen sich Geschwister schnell zurückgesetzt. Die Eltern verbringen sehr viel Zeit in der Klinik. Nicht auf allen Frühchen-Stationen ist der uneingeschränkte Besuch von älteren Geschwistern möglich. Daher müssen Eltern in dieser Situation besonders darauf achten, dass ihre "Großen" nicht zu kurz kommen. Vor allem kleinere Kinder tun sich schwer damit, die Situation zu begreifen und es zu verarbeiten, wenn sie das neue Geschwisterchen anfangs nicht gleich besuchen dürfen. Fotos können dazu beitragen, dass zu dem unbekannten Wesen in der Klinik ein Bezug entsteht. Kleine Kinder orientieren sich noch sehr stark an der Stimmungslage der Eltern, da sie verunsichernde Situationen nur unzureichend erfassen können. Aufgrund dessen ist es wichtig, den Geschwisterkindern die neue Situation zu erklären und sie mit einzubeziehen, so der Bundesverband "Das frühgeborene Kind" in Frankfurt am Main.

Die ständige Alarmbereitschaft, zahlreiche Nachsorgetermine für das Frühgeborene und oft auch existenzielle Sorgen fordern die Familien zusätzlich und bringen sie oft an ihre Grenzen. "Durch die Summe der Belastungen für die Eltern besteht die Gefahr, Wichtiges bei der Versorgung des Frühgeborenen zu übersehen", erklärt Professor Bernd Tillig, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH). Die Sterblichkeit von Frühgeborenen liegt auch nach der ersten Klinikzeit deutlich höher als bei reif geborenen Kindern. Deshalb brauchen Eltern und Kind beim Übergang in den heimischen Alltag viel Beistand: Nicht nur medizinischen, sondern auch psychosozialen. Dies sei essentiell, um den Behandlungserfolg in der Klinik nicht zu gefährden, so der Experte im Vorfeld des "Weltfrühgeborenentag" am 13. November.

"Wenn Eltern ihr Frühchen nach der Zeit im Perinatalzentrum nach Hause nehmen und selbstständig versorgen sollen, sind sie dadurch sehr gefordert und nicht selten erheblich belastet", sagt Petra Grieben, vom "Kindergesundheitshaus" in Berlin. So drohen frühgeborenen Kindern vielfältige gesundheitliche Risiken wie Atemstillstand, Unterzuckerung, Gelbsucht bis hin zum plötzlichen Kindstod (SIDS). Denn ihre Organfunktionen wie selbstständige Atmung, Temperaturregulation, Kreislauf und Stoffwechselfunktionen sind oft noch nicht ausgereift und stabil. Ebenso das Stillen klappt oft nicht von Beginn an, mitunter auch gar nicht. Hier setzt die Arbeit der sozialmedizinischen Nachsorge an, die eine Regelleistung der gesetzlichen Krankenkassen ist: Ein Team aus Kinderärzten, Psychologen, Case Managern, Heil- und Sozialpädagogen erstellt bei der Entlassung einen individuellen Hilfeplan, leitet Eltern zur speziellen Pflege an, bietet psychologische Betreuung und berät bei der Beantragung von finanzieller Unterstützung.