Zahlreiche Protestaktionen an letztem Tag von Wahl in Russland - Nawalny-Witwe in Berlin

Nawalny-Witwe Julia Nawalnaja in Berlin Bild: AFP

Zahlreiche Protestaktionen an letztem Tag von Wahl in Russland - Nawalny-Witwe in Berlin

Begleitet von Protesten von Anhängern der Opposition ist die russische Parlamentswahl am Sonntag in ihren letzten Tag gegangen. Die Witwe des verstorbenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny reihte sich zur Stimmabgabe vor der russischen Botschaft in Berlin ein.

Der Abschluss der russischen Präsidentschaftswahl ist von Protesten von Oppositionsanhängern im In- und Ausland begleitet worden. Überall in Russland folgten Menschen am Sonntag dem Aufruf von Anhängern des verstorbenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny und versammelten sich um die Mittagszeit vor den Wahllokalen. Auch vor den russischen Botschaften in mehreren europäischen Hauptstädten bildeten sich lange Schlangen. Nawalnys Witwe Julia Nawalnaja reihte sich zur Stimmabgabe in Berlin ein. Menschenrechtsaktivisten meldeten derweil mehr als 70 Festnahmen durch die russischen Behörden.

Vor Wahllokalen unter anderem in der russischen Hauptstadt Moskau und in St. Petersburg bildeten sich laut Journalisten der Nachrichtenagentur AFP lange Schlangen, in denen Wähler ihre Unterstützung für den Kreml-Kritiker bekundeten. Das Team von Nawalny veröffentlichte in Onlinenetzwerken Bilder von Wählern, die sich in Moskau und anderen Landesteilen vor den Wahllokalen drängten.

"Das ist die letzte Form des Protests, bei der du dich frei ausdrücken kannst", sagte der 29-jährige IT-Spezialist Alexander, der sich vor Nawalnys früherem Wahlbüro in Moskauer Bezirk Marjino eingefunden hatte. "Wenn ich das nicht getan hätte, hätte ich mich wie ein Feigling gefühlt", betonte er. 

Die Witwe des in einem Straflager verstorbenen Oppositionspolitikers hatte dazu aufgerufen, bei der Aktion "Mittags gegen Putin" geschlossen in die Wahllokale zu strömen und für einen der Gegenkandidaten Putins zu stimmen oder den Wahlzettel mit dem Schriftzug "Nawalny" ungültig zu machen.

Sie selbst reihte sich am Sonntag zur Stimmabgabe vor der russischen Botschaft in Berlin ein, wie ein AFP-Journalist berichtete. Dort wurden ihr von mehreren Wartenden Blumen überreicht. Auch in anderen europäischen Hauptstädten wie Paris bildeten sich vor den russischen Botschaften lange Schlangen.

Bereits an den ersten beiden Wahltagen hatte es verschiedene Protestaktionen in russischen Wahllokalen gegeben. Wähler schütteten unter anderem Farbstoff in Urnen, um Stimmzettel ungültig zu machen. In der Folge gab es zahlreiche Festnahmen wegen "Vandalismus". Die Behörden hatten wiederholt vor der Teilnahme an Wahlprotesten gewarnt und mit Strafen gedroht. 

Nach Angaben von Aktivisten wurden bei den Protesten im Zuge der Wahl mindestens 74 Menschen festgenommen. Die Festnahmen wegen unterschiedlicher Aktionen seien in 17 Städten erfolgt, die meisten im zentralrussischen Kasan und in der Hauptstadt Moskau, erklärte die auf Dokumentation von Festnahmen spezialisierte russische Bürgerrechtsorganisation OWD-Info.

Die Präsidentschaftswahl hatte am Freitag begonnen und endet am Sonntag mit der Schließung der Wahllokale in Kaliningrad um 19.00 Uhr MEZ. Kurz darauf werden erste Nachwahlbefragungen erwartet. 

Ein Sieg des 71-jährigen Kreml-Chefs Wladimir Putin gilt angesichts der drei unbedeutenden Gegenkandidaten als sicher. Alle bedeutenden Kritiker des Präsidenten sind entweder tot, inhaftiert oder im Exil. Eine weitere Amtszeit würde es Putin ermöglichen, bis 2030 zu regieren - länger als jeder russische Staatenlenker seit Katharina der Großen im 18. Jahrhundert.

Am Montag soll es auf dem Roten Platz in Moskau ein Konzert anlässlich der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim vor zehn Jahren geben. Die Veranstaltung soll auch als Siegesfeier für Putin dienen.

Das Auswärtige Amt bezeichnete die Abstimmung über Russlands künftigen Präsidenten im Onlinedienst X als "Pseudowahlen". "Die Pseudowahlen in Russland sind weder frei noch fair, das Ergebnis überrascht niemanden", hieß es. Der langjährige Kreml-Chef Wladimir Putin herrsche "autoritär, er setzt auf Zensur, Repression und Gewalt".

Begonnen hatte der letzte Wahltag unter dem Eindruck massiver Drohnenangriffe. Laut dem russischen Verteidigungsministerium wurden in der Nacht und am frühen Morgen mindestens acht Regionen aus der Luft angegriffen, darunter auch die Hauptstadt Moskau, wo die drei Flughäfen am Sonntagvormittag aus "Sicherheitsgründen" kurzzeitig ihren Betrieb einschränkten. Dem Ministerium zufolge wurden insgesamt ukrainische 35 Drohnen "abgefangen und zerstört".

In der südrussischen Region meldeten die Behörden ein Todesopfer nach einem Drohnenangriff auf eine Ölraffinerie. Zudem brach auf dem Gelände ein Feuer aus. Im russisch kontrollierten Teil der ukrainischen Region Saporischschja, wo ebenfalls gewählt wurde, geriet laut den örtlichen von Moskau eingesetzten Behörden ein Wahllokal nach einem Drohnenangriff in Brand. In der russischen Grenzregion Belgorod kamen laut dem örtlichen Gouverneur bei mehreren Angriffen drei Menschen ums Leben. Etwa ein Dutzend weitere wurden demnach verletzt.