Ukraine: Parlament stimmt für umstrittenes Gesetz zur Mobilisierung von Soldaten

Ukrainische Soldaten bei einer Übung in Polen Bild: AFP

Ukraine: Parlament stimmt für umstrittenes Gesetz zur Mobilisierung von Soldaten

Inmitten anhaltender russischer Angriffe auf die ukrainische Energie-Infrastruktur hat das Parlament in Kiew einen umstrittenen Gesetzentwurf zur Mobilisierung von Soldaten verabschiedet. Unterdessen besuchte Präsident Selenskyj das verbündete Litauen.

Inmitten anhaltender russischer Angriffe auf die ukrainische Energie-Infrastruktur hat das Parlament in Kiew ein umstrittenes Gesetz zur Mobilisierung von Soldaten verabschiedet. "Der Gesetzentwurf zur Mobilisierung wurde als Ganzes angenommen", erklärte der Abgeordnete Jaroslaw Schelesnjak am Donnerstag im Onlinedienst Telegram. Präsident Wolodymyr Selenskyj hob angesichts der russischen Bombardements unterdessen bei einem Besuch in Litauen die Bedeutung weiterer westlicher Flugabwehrsysteme für die Verteidigung der Ukraine hervor.

Schelesnjak teilte mit, 283 der 450 Abgeordneten im ukrainischen Parlament hätten für den Gesetzentwurf zur Mobilisierung gestimmt. Das Gesetz erhöht unter anderem die Strafen für Kriegsdienstverweigerer. Einen Tag vor der Abstimmung war zudem ein Passus gestrichen worden, der eine Entlassung von Soldaten aus der Armee vorgesehen hatte, die 36 Monate gedient haben. Soldaten an der Front sagten der Nachrichtenagentur AFP, sie stünden wegen der Streichung unter "Schock". 

Das Gesetz soll zudem eine leichtere Einberufungsprozedur ermöglichen, indem ein digitales System eingeführt wird. Vor Inkrafttreten muss das Gesetz noch von Präsident Selenskyj unterzeichnet werden.

Nach mehr als zwei Jahren Krieg verzeichnet die ukrainische Armee massive Verluste. Die Ukraine hat Schwierigkeiten, zusätzliche Soldaten zu rekrutieren. Anfang April hatte Kiew bereits das Alter für die Einberufung in den Militärdienst von 27 auf 25 Jahre gesenkt. 

Russland setzte unterdessen seine Angriffe auf die ukrainische Energie-Infrastruktur fort. Russland habe "mehr als 40 Marschflugkörper und 40 Drohen" in der Nacht auf Donnerstag auf die "kritische Infrastruktur" der Ukraine abgefeuert, erklärte Selenskyj im Onlinedienst X. Bei dem Angriff auf mehrere Regionen der Ukraine, darunter auch Kiew, Charkiw, Saporischschja und Lwiw, wurden offiziellen Angaben zufolge mindestens vier Menschen in der südukrainischen Stadt Mykolajiw getötet.

Am Rande seines Besuchs in Litauen sagte Selenskyj, die Beschaffung neuer Flugabwehrsyteme sei "die Priorität Nummer eins" für Kiew. Vor seiner Ankunft in Vilnius hatte Selenskyj die westlichen Partner auf X aufgerufen, nicht "die Augen zu verschließen" und mehr Flugabwehrsysteme zu liefern. In Litauen unterzeichnete der ukrainische Präsident zusammen mit seinem litauischen Kollegen Gitanas Nauseda eine gegenseitige, auf zehn Jahre angelegte Sicherheitsvereinbarung. 

Die erneuten nächtlichen Angriffe in der Ukraine nahmen "Produktionsanlagen und Übertragungssysteme" in mehreren Regionen des Landes ins Visier, wie Energieminister German Galuschtschenko im Onlinedienst Telegram mitteilte. Sein Ministerium erklärte, das große Kohlekraftwerk Trypilska in der Region Kiew sei bei einem Angriff "komplett zerstört" worden. 

Die ukrainischen Streitkräfte im Süden des Landes teilten mit, Russland habe Mykolajiw "mitten am Tag" angegriffen. Dabei seien ersten Informationen zufolge vier Menschen getötet und fünf weitere verletzt worden. In den Regionen Charkiw, Lwiw, Odessa und Saporischschja wurde ebenfalls Energieinfrastruktur angegriffen. Die ukrainische Armee teilte mit, sie habe 39 Drohnen und 18 Marschflugkörper abgefangen. 

Das russische Verteidigungsministerium erklärte, es habe "Vergeltungsschläge" gegen Energieanlagen in der Ukraine gestartet, nachdem es zu einer Reihe von Angriffen der ukrainischen Streitkräfte auf russische Ölraffinerien gekommen sei.

Russland teilte zudem mit, es habe in der Nacht zwölf ukrainische Drohnen abgefangen, darunter drei in der südöstlich von Moskau gelegenen Region Mordwinien. Weitere Drohnen seien über Kursk, Tambow, Belgorod, Bryansk und Lipezk zerstört worden. 

Bezüglich einer für Juni angekündigten Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz äußerte sich der Kreml kritisch. "Wir haben oft gesagt, dass der Gesprächsprozess ohne Russland keinen Sinn ergibt", erklärte Kremlsprecher Dmitri Peskow.