Autor: Reinhard F. Leiter, Executive Coach München
Wir leben in sehr unruhigen Zeiten: Pandemie, Energiekrise, Klimawandel, Krieg in der Ukraine, Ãœberfall der Hammas auf Israel, Inflation, Rezession und ein stetig wachsender, unkontrollierbarer Zustrom von Migranten.
Autor: Reinhard F. Leiter, Executive Coach München
Wir leben in sehr unruhigen Zeiten: Pandemie, Energiekrise, Klimawandel, Krieg in der Ukraine, Überfall der Hammas auf Israel, Inflation, Rezession und ein stetig wachsender, unkontrollierbarer Zustrom von Migranten. Die Bevölkerung altert und schrumpft. Wir haben keinen Mangel an Arbeit, sondern an Arbeitskräften. Jedes Jahr gibt es hunderttausende Arbeitskräfte weniger. Es fallen zwar Arbeitsplätze weg, aber es entstehen auch ebenso viele neue. Aber die neu entstandenen Stellen erfordern fast immer auch eine höhere Qualifikation.
Wie können wir den Pool an Arbeitskräften vergrößern? Sollen wir mehr Kinderkrippen bauen, um mehr Frauen in den Arbeitsmarkt zu integrieren? Sollen wir ältere Menschen ermutigen, bis zum gesetzlichen Rentenalter und darüber hinaus zu arbeiten? Sollen wir Menschen ohne Ausbildung nachqualifizieren? Sollen wir die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland ermöglichen und ausländische Berufsabschlüsse anerkennen? All dies sind Ansätze, über die es sich nachzudenken lohnt.
Der Mensch im Mittelpunkt
Aber fangen wir in den Unternehmen an. Wir brauchen eine neue Führungskultur unter dem Motto: "Der Mensch im Mittelpunkt und ist nicht Mittel. Punkt!" Aber wie erreichen wir das? Ist es für Führungskräfte besser, geliebt oder gefürchtet zu werden? Mit dieser Frage hat sich schon Niccolo Machiavelli vor 500 Jahren beschäftigt. Er war der Meinung, dass man beides anstreben sollte. Da es aber schwierig sei, beides in einer Person zu vereinen, sei es sicherer, gefürchtet zu werden. Tatsächlich beurteilen wir Menschen hauptsächlich danach, ob sie liebenswert oder furchterregend sind. Neueste psychologische Erkenntnisse belegen, dass diese beiden Dimensionen zu über 90 Prozent für den positiven oder negativen Eindruck verantwortlich sind, den wir von Menschen in unserer Umgebung haben.
Warmherzigkeit ermöglicht Einflussnahme, sie schafft Vertrauen und fördert die Kommunikation und die Entwicklung von Ideen. Viele Führungskräfte werden jedoch durch die Unternehmenskultur, die gelebten Werte, Normen und Hidden Rules daran gehindert, warmherzig zu handeln. Liebe wird von Führungskräften oft als weicher Hippie-Quatsch abgetan. Fragt man sie jedoch, ob sie ihre Kinder lieben, lautet die Antwort: ja. Auf die Frage, ob es leicht sei, Kinder zu erziehen, lautet die Antwort meist: nein. Kein Wunder - denn liebevolles Führen ist harte Arbeit.
Liebe lässt sich erlernen
Folgen wir dem Psychoanalytiker Erich Fromm, dann ist Liebe eine Fertigkeit, die sich wie ein Handwerk erlernen lässt. Einfühlung, Beachtung, Zuwendung, Respekt, Anerkennung und Warmherzigkeit sind wichtige Grundlagen für die Kunst des Liebens, ebenso wie die Überwindung des eigenen Narzissmus. Warmherzigkeit lässt sich beispielsweise aber nicht so leicht fingieren. Ein höfliches Lächeln durchschaut jeder sofort. Ein natürliches Lächeln ergibt sich hingegen aus der jeweiligen Situation heraus. Voraussetzungen für ein Führen mit Liebe sind Selbstreflexion, Empathie und soziale Kompetenz.
Selbstreflexion - Erkenne dich selbst
Selbstreflexion ist die Fähigkeit, sich der eigenen Emotionen, Stärken, Schwächen, Bedürfnisse und Motive bewusst zu sein. Selbstreflexive Menschen besitzen ein gesundes Selbstvertrauen. Sie sind beispielsweise in der Lage, Misserfolge offen zuzugeben. Leider wird bei der Rekrutierung von Führungskräften die Fähigkeit zur Selbstreflexion oft als Schwäche ausgelegt. Dies ist umso unverständlicher, als dass selbstreflektierte Führungskräfte nicht nur sich selbst, sondern auch ihr Unternehmen ehrlich einschätzen können.
Selbstkontrolle für reflektiertes Handeln
Anstatt die Gefühle von biologischen Triebkräften steuern zu lassen, hilft die Fähigkeit zur Selbstkontrolle den Menschen, plötzliche Impulse und Stimmungen zu beherrschen und vorschnelle Urteile zu vermeiden. Menschen mit einem hohen Maß an Selbstkontrolle reagieren besonnen und können im Unternehmen ein Umfeld schaffen, in dem Vertrauen und Fairness herrschen. Die Produktivität ist in solchen Unternehmen hoch und Machtkämpfe und Streitereien sind eher selten.
Emotionale Selbstkontrolle zeigt sich in der Neigung zu Reflexion und Rücksichtnahme und in der Fähigkeit, mit Unsicherheiten und Veränderungen souverän umzugehen. Leider werden Menschen, die ihre Emotionen beherrschen, häufig als gefühlskalt wahrgenommen. Ihre wohlüberlegten Antworten werden als Mangel an Leidenschaft interpretiert. Dagegen wird allgemein ein hitziges Temperament als Zeichen von Charisma und Führungsstärke gesehen. Dabei hat sich Impulsivität noch nie als Mittel guter Führung erwiesen.
Empathie ist ein trainierbarer Muskel
Hartnäckig hält sich der Irrglauben, Empathie sei etwas für Schwächlinge. Dabei ist Empathie tatsächlich eine Quelle der Stärke, weil sie hilft, Kunden und ihre Bedürfnisse besser zu verstehen und die Gefühle der Mitarbeiter in die Suche nach vernünftigen Entscheidungen einzubeziehen. Nicht zuletzt durch die Globalisierung ist mehr denn je interkulturelle Sensibilität gefragt, um fähige Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden.
Ein weiterer fataler Irrglaube besteht darin, dass viele Menschen Empathie für eine angeborene, nicht greifbare Gabe halten. Das ist sie aber nicht. Sie ist vielmehr ein Muskel, der verkümmert, wenn er nicht trainiert wird. Trainiert man sie hingegen, entwickelt sie sich zu einer unternehmerischen Fähigkeit. Empathische Führungskräfte können auf der emotionalen Ebene tiefer sitzende Faktoren, die zur Problementstehung beitragen, erkennen und so Hindernisse aus dem Weg räumen.
Soziale Kompetenz - eine oft vernachlässigte Fähigkeit
Soziale Kompetenz macht letztlich den Unterschied zwischen einer guten und einer großartigen Führungskraft aus. Sie ist die Voraussetzung für die sozialen, emotionalen und intellektuellen Fähigkeiten und Verhaltensweisen, die erforderlich sind, um als Mitglied der Gesellschaft erfolgreich zu sein. Sie ermöglicht es den Führungskräften, enge Beziehungen zu knüpfen und zu unterhalten, Netzwerke aufzubauen und zu pflegen und eine gemeinsame Basis zu schaffen. Die soziale Kompetenz von Führungskräften reicht von der Wahrnehmung sozialer Signale über die Konfliktbewältigung, das Kanalisieren von Veränderungen bis hin zum Einfühlungsvermögen in die Mitarbeiter, um dem Team besser gerecht zu werden.
Emotionale Intelligenz, d.h. die Fähigkeit, die eigenen Gefühle zu verstehen und die Gefühle anderer wahrzunehmen, ist der Schlüssel zu einem authentischen Führungsstil und ein notwendiges Werkzeug, um auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Menschen mit sozialen und wirtschaftlichen Lösungen zu reagieren und fundierte Geschäftsentscheidungen zu treffen. Mangelt es Führungskräften an emotionaler Intelligenz, hat dies weitreichende Folgen, wie z.B. ein geringeres Engagement der Mitarbeiter, eine höhere Fluktuationsrate, ungelöste Konflikte, eine geringere Produktivität oder schlechtere Kundenbeziehungen.
Es zählt das Wohl der Mitarbeiter
In der heutigen, technologieorientierten Welt braucht es an der Spitze von Unternehmen Menschen, die glaubwürdig sind und durch Verantwortung, Vorbild und Pflichterfüllung überzeugen. Für sie zählen nicht nur Zahlen und Effizienz, sondern auch das Wohl ihrer Mitarbeiter. Sie leben Werte wie Kundenorientierung, Integrität, Exzellenz, Fairness, Bescheidenheit und Sinnstiftung im Alltag (walk the talk). Und sie sind bescheiden und warmherzig im Umgang mit ihren Mitarbeitern und Mitmenschen.
"Liebe ist die Kunst tiefer zu leben" (Erich Fromm).
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