WMO-Chefin Saulo bei der Vorstellung des Berichts Bild: AFP

"Planet am Abgrund": Erde erlebt heißestes Jahrzehnt seit Aufzeichnungsbeginn

Die vergangenen zehn Jahre waren nach UN-Angaben weltweit das heißeste Jahrzehnt seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Zugleich war das abgelaufene Jahr 2023 das bisher heißeste seit Aufzeichnungsbeginn.

Die Erde stellt neue Hitzerekorde auf: Die vergangenen zehn Jahre waren nach UN-Angaben weltweit das heißeste Jahrzehnt seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Zugleich war das abgelaufene Jahr 2023 das bisher heißeste seit Aufzeichnungsbeginn, wie die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) am Dienstag bei der Vorstellung ihres Jahresberichts in Genf erklärte. Die Erwärmung der Ozeane, der Rückgang der Gletscher und das Schmelzen der Polkappen seien zutiefst beunruhigend, sagte WMO-Chefin Andrea Celeste Saulo.

Die zahlreichen Hitzerekorde zeigten einen "Planeten am Rande des Abgrunds", warnte UN-Generalsekretär António Guterres: "Die Erde sendet einen Hilferuf." Die anhaltende Nutzung fossiler Brennstoffe führe zu einem noch nie dagewesenen "Klimachaos". Zugleich beschleunige sich der Klimawandel zusehends, warnte Guterres.

Laut dem WMO-Jahresbericht lagen die durchschnittlichen Oberflächentemperaturen im vergangenen Jahr um 1,45 Grad Celsius über dem vorindustriellen Zeitalter - und damit nur knapp unter der Grenze von 1,5 bis 2,0 Grad, welche die Weltgemeinschaft 2015 im Pariser Klimaabkommen gesetzt hatte, um einen Klimawandel mit katastrophalen Folgen abzuwenden.

"Noch nie zuvor waren wir der Untergrenze des Pariser Abkommens so nahe", warnte WMO-Chefin Saulo. Der Jahresbericht sei ein "rotes Warnsignal an die Welt". Klimarekorde seien im vergangenen Jahr nicht nur gebrochen, "sondern in einigen Fällen geradezu zerschmettert" worden. Gleichzeitig bestehe eine "hohe Wahrscheinlichkeit", dass 2024 noch heißer als das Vorjahr und damit das heißeste seit Aufzeichnungsbeginn werde, sagte WMO-Experte Omar Baddour.

Besonders beunruhigend ist dem Bericht zufolge, dass an jedem Tag des vergangenen Jahres fast ein Drittel der Ozeane überdurchschnittlich warm war. Insgesamt wurden 2023 in 90 Prozent der Weltmeere eine oder mehrere Hitzewellen verzeichnet, wie die WMO erklärte. Häufigere und intensivere Erwärmungsphasen der Meere hätten "tiefgreifende negative Folgen" für Meeres-Ökosysteme und Korallenriffe.

Die Gletscher der Welt verzeichneten dem Bericht zufolge im vergangenen Jahr den größten Eis-Rückgang seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1950. Betroffen sind vor allem Europa und der Westen Nordamerikas. So verloren die Schweizer Gletscher allein in den vergangenen zwei Jahren zehn Prozent ihres Volumens. 

Die anhaltende Meereserwärmung sowie das Schmelzen von Gletschern und Polkappen ließen den Meeresspiegel dem Bericht zufolge auf den höchsten Stand seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen im Jahr 1993 steigen. Durchschnittlich stieg der Meeresspiegel in den vergangenen zehn Jahren mehr als doppelt so stark an wie im Jahrzehnt davor.

Die Klimakrise sei derzeit die größte Herausforderung für die Menschheit und hänge eng zusammen mit der wachsenden Ungleichheit, erklärte Saulo. Durch Extremwetter-Ereignisse wie Hitze, Dürre oder Überschwemmung ausgelöste Nahrungsmittelunsicherheit betraf Ende 2023 weltweit rund 333 Millionen Menschen - mehr als doppelt so viele wie vor Beginn der Ende 2019 begonnenen Corona-Krise. 

Einen "Hoffnungsschimmer" gibt es der WMO zufolge dennoch: Die Energiegewinnungskapazitäten aus regenerativen Quellen wie Solarzellen und Wasserkraftwerke stiegen im vergangenen Jahr um fast 50 Prozent an. Die Welt habe noch immer die Chance, das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten und das "schlimmste Klimachaos zu verhindern", sagte UN-Generalsekretär Guterres: "Wir wissen, wie es geht."