USA verhindern internationale Einigung auf Klimaschutzabkommen in Schifffahrt

Frachtschiffe Bild: AFP

USA verhindern internationale Einigung auf Klimaschutzabkommen in Schifffahrt

Ein geplantes internationales Abkommen für ein System der CO2-Bepreisung im Schiffsverkehr wird vorerst nicht umgesetzt. Die Mitgliedstaaten der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation stimmten dafür, ein Votum über das Abkommen zu verschieben.

Die USA haben die Einführung eines internationalen Systems zur CO2-Bepreisung im Schiffsverkehr vorerst verhindert. Auf massiven Druck aus Washington wurde die Abstimmung über eine im April dazu getroffene Vereinbarung der Mitgliedstaaten der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Klimaschutzabkommen galt als wichtiger Schritt im Kampf gegen den Klimawandel - die UNO, die EU und Branchenverbände kritisierten die Verzögerung.

"Ich habe Ihnen im Moment nicht viel zu sagen. Das passiert nicht oft", sagte IMO-Generalsekretär Arsenio Dominguez, als er am Freitag sichtlich niedergeschlagen vor die Presse trat. Damit geht eine turbulente Woche für die Vertreter der 176 IMO-Mitgliedstaaten in London ohne Ergebnis zu Ende.

Die IMO ist eine Sonderorganisation der UNO. In der britischen Hauptstadt war der Umweltausschuss der Organisation zusammengekommen, um die vorläufige Einigung vom April zu besiegeln. Der Schifffahrtsektor steht für rund drei Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen. Die CO2-Bepreisung sollte dafür sorgen, dass Schiffe verstärkt auf weniger klimaschädliche Kraftstoffe umgerüstet werden.

Länder wie China, Brasilien, Großbritannien sowie die EU unterstützen das Vorhaben. Stark vom Klimawandel betroffenen Ländern wie den pazifischen Inseln gingen die vereinbarten Regeln nicht weit genug. Große Ölproduzenten wie Saudi-Arabien, Russland und die Vereinigten Arabischen Emirate waren dagegen. Doch in der Regel setzt die IMO auf Mehrheitsentscheide und Konsens, die nötige Zweidrittelmehrheit für das CO2-Preissystem galt als wahrscheinlich.

Die USA gingen in ihrem Widerstand gegen das Vorhaben jedoch so weit, Ländern mit Sanktionen wie Visabeschränkungen und Hafengebühren zu drohen, sollten sie sich für die CO2-Bepreisung einsetzen. Präsident Donald Trump schaltete sich über seinen Onlinedienst Truth Social in die Debatte ein: "Die Vereinigten Staaten werden diese globale grüne neue Betrugssteuer auf die Schifffahrt nicht hinnehmen", erklärte er.

Trump hat den USA klimapolitisch eine Kehrtwende verordnet. Klimaschutz bezeichnet er als "Betrug" und fördert die Nutzung fossiler Brennstoffe durch Deregulierung. Sein Außenminister Marco Rubio wertete die Verschiebung der Abstimmung in London am Freitag als "riesigen Sieg" für Trump.

Wegen des Drucks aus Washington galten etwa die Philippinen, die die meisten Beschäftigten in der Schifffahrt stellen, sowie die karibischen Inseln, die wirtschaftlich von US-Kreuzfahrttouristen abhängig sind, als Wackelkandidaten bei der Abstimmung. Auch Argentinien, dessen Präsident Xavier Milei als Trump-Verbündeter gilt und dem die USA ein Milliarden-Hilfspaket in Aussicht gestellt haben, wollte gegen das Abkommen stimmen.

Teilnehmern zufolge verliefen die Verhandlungen in den vergangenen Tagen chaotisch. Der Vertreter Brasiliens kritisierte die "Methoden" der USA. Schließlich beantragten Liberia und Saudi-Arabien, die Abstimmung am Freitag zu verschieben. Der Antrag wurde angenommen.

UN-Generalsekretär António Guterres erklärte, die Mitgliedstaaten der IMO hätten damit eine Gelegenheit verpasst, "den Schifffahrtssektor auf einen klaren und glaubwürdigen Weg in Richtung Netto-Null-Emissionen zu bringen". Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte, die Verzögerung sei zwar "bedauerlich", die Europäische Union sei aber weiterhin "fest entschlossen, einen ehrgeizigen und wissenschaftlich fundierten globalen Rahmen" für eine klimaneutrale Schifffahrt bis 2050 zu schaffen. 

Die Internationale Schifffahrtskammer reagierte enttäuscht. Die Branche brauche Klarheit, um die "notwendigen Investitionen" für ihre Dekarbonisierung tätigen zu können. Der Verband Deutscher Reeder (VDR) sprach von einem Rückschlag. Die Chance auf "einheitliche und wirksame weltweite Regeln" sei nun in die Ferne gerückt.

Die deutsche Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch übte scharfe Kritik am Verhalten der US-Regierung. Sie habe das "über Jahre" erarbeitete Abkommen "in letzter Minute" scheitern lassen, indem sie "auf beispiellose Art und Weise" Druck aufgebaut und "alle Regeln der Diplomatie" missachtet habe. Dies müsse auch ein "Weckruf" für die anstehende UN-Klimakonferenz in Brasilien sein.

Die Regeln sollten ab 2027 greifen und große Schiffe mit mehr als 5000 Tonnen Ladekapazität betreffen. Diese machen nach Angaben der IMO 85 Prozent der gesamten CO2-Emissionen der internationalen Schifffahrt aus.