Grüne fordern Umweltminister Schneider zu Einsatz für EU-Klimaziel für 2040 auf

Wind- und Kohlekraftwerke in Nordrhein-Westfalen Bild: AFP

Grüne fordern Umweltminister Schneider zu Einsatz für EU-Klimaziel für 2040 auf

Die Grünen haben Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) aufgefordert, sich für das EU-Klimaziel stark zu machen, CO2-Emissionen bis 2040 um 90 Prozent verglichen mit dem Stand von 1990 zu verringern. Die EU-Entscheidung dazu war vertagt worden.

Die Grünen haben Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) aufgefordert, sich für das EU-Klimaziel stark zu machen, die Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 Prozent verglichen mit dem Stand von 1990 zu verringern. "Ohne ein angemessenes 2040-Ziel gerät der europäische Pfad Richtung Klimaneutralität in Gefahr", warnten die Grünen-Fachleute Lisa Badum und Jan-Niclas Gesenhues in einem am Mittwoch an Schneider versandten Brief, welcher der Nachrichtenagentur AFP in Berlin vorlag.

"Der Vorschlag der Kommission wird von der Klimawissenschaft gestützt und ermöglicht eine geordnete und völkerrechtskonforme Transformation der europäischen Wirtschaft", betonen darin Badum und Gesenhues weiter. Ohne einen entsprechenden EU-Beschluss drohe Europa "mit leeren Händen oder einem viel zu schwachen Klimabeitrag" zur UN-Klimakonferenz im November in Brasilien zu fahren.

Hintergrund ist ein Verfahrensstreit auf EU-Ebene. Eigentlich war vorgesehen, dass das neue Klimaziel an diesem Donnerstag im Rat der EU-Umweltminister beschlossen wird. Die Grünen kritisieren, dass die Bundesregierung jedoch am vergangenen Freitag den Weg dafür freigemacht habe, die Entscheidung stattdessen auf den Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs zu verschieben. Dafür sei die deutsche Stimme ausschlaggebend gewesen. Für die Verschiebung warben allerdings auch andere Länder wie Italien, Frankreich und Polen.

In ihrem Brief verlangen Badum und Gesenhues nun von Schneider, diese Verschiebung auf EU-Ebene wieder zu korrigieren. Er solle Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) überzeugen, "dass Deutschland seine Position zurückändert und das 2040-Klimaziel von minus 90 Prozent sowie den daraus abgeleiteten EU-Klimabeitrag (NDC) proaktiv unterstützt".

Die Hauptverantwortung für die Verschiebung sehen Badum und Gesenhues bei Merz, der "seinem eigenen Umweltminister in den Rücken gefallen" sei. Schneider müsse dies jetzt korrigieren und das 2040-EU-Klimaziel in den Umweltrat zurückholen, sonst riskiert er das vorzeitige Ende des Green Deal", sagten sie AFP. Die Grünen-Abgeordneten äußerten die Befürchtung, dass im Europäischen Rat Klimaskeptiker wie Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban eine Beschlussfassung verhindern könnten.

Schneider selbst stellte sich erneut hinter das geplante EU-Ziel für 2040. "Spätestens zum Beginn der Weltklimakonferenz in Brasilien muss die Europäische Union ein neues, starkes Ziel vorlegen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". "Früher wäre besser gewesen", fügte er hinzu. Entscheidend sei aber, dass es nun rasch eine Einigung gebe. 

"Der Rest der Welt beobachtet uns genau", verwies er auf eine Vorbildwirkung der EU auch auf andere Staaten. "Wenn wir von anderen erwarten, dass sie ihren Beitrag leisten, dürfen wir selber nicht schwächeln", betonte der Umweltminister. Auch SPD-Fraktionschef Matthias Miersch sagte in der Haushaltsdebatte im Bundestag, die Bundesregierung unterstütze das EU-Ziel für 2040. Dieses sei "ein wichtiges Signal". 

Das 90-Prozent-Ziel der EU ist geplant als Zwischenziel auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität bis 2050. Bisher gilt daneben ein Minderungsziel von 55 Prozent für 2030. Zur UN-Konferenz in Brasilien müsste die EU ein neues Zwischenziel für 2035 vorlegen, das von dem Ziel für 2040 abgeleitet würde. Dieses Ziel für 2035 hätte nach den UN-Regularien eigentlich schon vorgelegt werden müssen.

Auf EU-Ebene wird derzeit auch über eine mögliche Verständigung über das Ziel für 2040 auf einem informellen Treffen der Staats- und Regierungschefs am 1. Oktober oder als Kompromiss zunächst nur über einen Beschluss für 2035 diskutiert. Genannt wurden hierfür Werte zwischen minus 66 und minus 72,5 Prozent CO2-Ausstoß. Der nächste offizielle Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs ist erst am 23. und 24. Oktober geplant.

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch drang auf ein Emissionsziel von mindestens minus 76 Prozent für 2035. Werte unterhalb von 72,5 Prozent seien für Deutschland sogar grundgesetzwidrig, erklärte Germanwatch-Klimaexperte Petter Lyden mit Blick auf Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.